Montag Vormittag fahren wir von Kaunas in nordwestliche Richtung bis nach Šiauliai und noch etwa zehn Kilometer weiter zum sogenannten Kreuzhügel Kryžių kalnas.
An diesem Hügel wurden seit dem 19. Jahrhundert Kreuze für die im Krieg verschollenen Soldaten aufgestellt, was sich ab den 1950er Jahren in den Augen der sowjetischen Besatzer Litauens zu einer systemkritischen Gedenkstätte entwickelte. Trotz mehrfacher Räumung und Zerstörung durch Bulldozer in den 1960er und 70er Jahren wurden andauernd immer mehr Kreuze angebracht, sodass der Kryžių kalnas zu einer wahren Pilgerstätte wurde. Seine Krönung erhielt der Kreuzhügel 1993 durch Papst Johannes Paul II, der hier vor hunderttausend Menschen eine Messe hielt und den Bau des nahe gelegenen Klosters anordnete. Studenten der Universität Vilnius haben um 1990 versucht, die genaue Anzahl der Kreuze am Kryžių kalnas zu ermitteln, mussten aber bei 50.000 aufgeben, da es unmöglich war, sie alle zu erfassen. Heute gibt es bestimmt mehr als doppelt so viele, die von Pilgern und Touristen ganz einfach an Verkaufsständen neben dem Informationszentrum erworben werden können.
Wir gehen vom Parkplatz, auf dem wir gut übernachten können, einige Male zu den Kreuzen und lassen die mystische Stimmung bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen auf uns wirken.
Unser nächstes Ziel in Litauen könnte kein größerer Kontrast zur friedlichen Atmosphäre des Kreuzhügels sein. Wir fahren nach Plokštinė zum ehemaligen sowjetischen Stützpunkt für Atomraketen. Dort, mitten im Wald des Žemaitija Nationalparks waren in vier dreißig Meter tiefen Silos bis 1978 die Raketen stationiert, die im Falle eines Falles europäische Städte zerstören sollten, darunter auch in Deutschland. Zum Glück ist es damals nie so weit gekommen.
Den Dienstag verbringen wir wegen des Regens im Wohnmobil auf dem kleinen Parkplatz der Anlage und machen uns dann am Mittwoch, bewaffnet mit einem Audioguide, an die Besichtigung des meist unterirdisch liegenden Stützpunktes. Die Geschichte und Bedeutung des Komplexes wird per Audio und mit vielen Schautafeln gut erklärt, wobei wir uns in dem riesigen Labyrinth aus massivem Beton und Stahl mehrfach verlaufen. Am Ende betreten wir eines der Silos, was uns die Dimensionen der von dort auf uns gerichteten Raketen noch einmal deutlich klar macht.
Auch wenn durch die Abrüstung Ende der 70er Jahre diese Anlage keine Bedrohung mehr darstellt, bleibt ein bedrückendes Gefühl.
Nach diesem intensiven Kontrastprogramm mit mystischen Kreuzen und bedrohlichen Atomraketen setzen wir unseren Weg in Richtung Lettland fort, wo wir uns eine kleine Auszeit nehmen wollen.
Wir sind gespannt, wie sich Lettland von Litauen unterscheidet, begleitet uns weiter bei der Erkundung des zweiten baltischen Landes unserer Reise.
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Eri (Sonntag, 15 September 2024 21:16)
Hey meine Lieben,
Endlich bisschen Zeit Euch auf Eurer Reise zu begleiten. Die Bilder von dem Kreuzzüge und der Raketenstation empfinde ich sehr bedrückend. Da kommt bestimmt die Auszeit gut in hoffentlich guter Atmosphäre.
Hoffe das Euch das Wetter besser begegnet als in den Nachrichten uns vom Osten Europad her berichtet wird.
Meine Gedanken sind bei Euch.
Bis bald Eri
Eri (Sonntag, 15 September 2024 21:17)
Sollte natürlich Kreuzhügel heissen.