Die Abschnitte dieser Reise durch USA und Kanada:
Hauptstadt der USA mit viel Geschichte
Die Stadt die niemals schläft
Universitätsstadt mit Charme
Montreal, Toronto, Niagara Falls, Detroit, Chicago
Bei dieser Reise waren wir vom 22.August bis zum 12.September 2015 im Norden der USA und im südlichen Kanada unterwegs. Wir flogen nach Washington D.C., fuhren von dort mit dem Greyhound Überlandbus nach New York und nach etwa einer Woche ebenfalls mit dem Bus nach Boston. Hier übernahmen wir einen Mietwagen, mit dem wir nach Montreal in Kanada, nach Toronto und zu den Niagarafällen reisten. Weiter ging es mit dem Auto über Detroit nach Chicago, von wir unsere Heimreise antraten.
Zuerst wollten wir diese Reise sehr spontan durchführen, nur mit einer groben Idee, welche Städte besucht werden sollen und natürlich mit festen Zeiten für die Langstreckenflüge. Aber so sind wir eben nicht, ohne Plan fühlen wir uns einfach nicht wohl. Also buchten wir erst die Hotels in Washington und in Chicago, da die Tage dafür ja wegen der Flüge ohnehin feststanden. Danach war ja klar, wann wir nach New York reisen würden, so dass wir auch für Manhattan ein schönes Hotel in zentraler Lage buchen konnten. Schließlich wollten wir ja auch nicht irgendwo am Stadtrand unterkommen müssen, weil später vielleicht alles ausgebucht wäre. Danach war logischerweise auch Boston zu buchen, der Mietwagen, den wir von dort bis nach Chicago nutzen wollten und auch die Hotels dazwischen, da für diese Ziele sowieso kein großer Spielraum mehr bestand. Nun war kein Platz mehr für Spontaneität, dafür waren wir sicher, dass wir jeweils gute Hotels in idealer Lage zu ordentlichen Preisen haben werden, so konnte der Urlaub beginnen. Ganz zum Schluss kauften wir sogar noch online die Bustickets für den Greyhound nach New York und nach Boston, so dass wir unterwegs gar nichts mehr zu organisieren hatten. Für USA und Kanada sind keine speziellen Impfungen notwendig, wir brauchten keine besondere Ausrüstung, mussten also nur noch abwarten, bis es im August endlich so weit war.
Samstag 22.8.2015
Die Rollläden sind unten, die Wohnung abgeschlossen, Eva holt uns pünktlich um 8:00 Uhr ab und bringt uns reibungslos zum Frankfurter Flughafen. Dort ist recht viel los, da wir unser Gepäck aber am Business Class Schalter aufgeben können, brauchen wir dafür nicht lange anzustehen. Die meisten Passagiere wollen heute wohl innerhalb Europas reisen, denn an der Sicherheitskontrolle für die internationalen Flüge herrscht kaum Betrieb, auch hier kommen wir schnell durch. Wir testen die neu installierten automatischen Passkontrollen, bei denen man Zutritt durch den maschinenlesbaren Reisepass erhält um dann vor eine Wand mit Kameras zu treten, durch die die Identifizierung erfolgt. Es ist zwar ein kleines Rätsel, wie das funktioniert, aber es klappt bei uns beiden auf Anhieb. So sitzen wir schon eine Stunde nach unserer Abfahrt in Königstein am Gate und warten auf unseren Flug. Wie immer ist es uns lieber, früher am Flughafen zu warten, als am Ende in Zeitnot zu geraten. Unser Flieger wird etwas zu spät bereitgestellt und muss noch am Gate betankt werden, wodurch sich das Boarding für einige Minuten verzögert, aber jetzt haben wir ja Zeit. Unsere Sitzplätze am Fenster in der aller letzten Reihe sind ganz praktisch, da wir so durch die Form des Rumpfes zum Fenster hin etwas mehr Platz haben als weiter vorne. So verläuft der lange Flug in der vollbesetzten Maschine recht angenehm und wir kommen mit den zwanzig Minuten Verspätung, die wir schon in Frankfurt am Gate verloren hatten, am Nachmittag in Washington an. Hier werden wir erst mit einem riesigen Shuttle, das wie eine auf einen LKW montierte Wartehalle aussieht, zum Terminalgebäude gebracht, wo die Einreise in die USA erfolgt. Obwohl wir ganz hinten im Flugzeug gesessen hatten, also als letzte ausgestiegen waren, hat sich im Kontrollbereich keine längere Warteschlange gebildet und wir können fast direkt zu einem freien Schalter gehen. Auch die anschließende Gepäckausgabe funktioniert zügig, so dass wir uns gleich auf den Weg zum Check in für das vorbestellte Shuttle in die Stadt machen können. Dort werden wir dem nächsten freien Fahrzeug zugeteilt und erhalten auch gleich eine entsprechende Bestätigung per SMS aufs Handy. Das Shuttle bringt uns zusammen mit einigen weiteren Fahrgästen ins Stadtzentrum von Washington, wo wir erst alle anderen Passagiere absetzen und dadurch schon eine kleine Stadtrundfahrt durch Washington erhalten. Am Ende erreichen wir unser Hotel, das Hilton Garden Inn, das sehr zentral in der Stadtmitte liegt. Wir beziehen unser Zimmer und müssen beim Auspacken feststellen, dass der Filter vom Teleobjektiv zerbrochen ist. War doch ein Fehler, das wertvolle Stück ins Check in Gepäck zu legen, doch zum Glück ist nur der Filter kaputt und nicht die Linse oder die Mechanik des Objektivs. Der Schreck ist relativ schnell verdaut und weicht der Neugier auf die Stadt mit ihren berühmten Gebäuden, die wir ja zum Teil fast täglich in den Nachrichten sehen.
Vom Hotel aus gehen wir ein kurzes Stück die H Street entlang und von dort zur Pennsylvania Avenue, der Adresse des White House. Die Pennsylvania Ave. ist zwar für Fahrzeuge durch massive Sperren blockiert, für Fußgänger aber ohne weiteres zugänglich. So stehen wir schon nach wenigen Minuten vor der Nordseite des Weißen Hauses, hören aber schon gleich, dass Mr. President heute nicht zuhause sei. Vielleicht darf man ja auch deswegen so einfach so nah ran. Auf der Straße sind recht viele Menschen, die alle wie wir einmal einen Blick auf das Weiße Haus werfen wollen. Wir sind etwas ernüchtert, da das Gebäude und die davor liegende Grünfläche im Fernsehen viel größer wirken als in Wirklichkeit, man käme vom Zaun mit wenigen Schritten zur Haustür, wären da nicht die Wachen und die stabilen Gitter. Ein kleines Stück die Straße entlang weiter und um das Eisenhower Executive Building herum gelangen wir zur Südseite des Weißen Hauses, an der ähnliche Absperrungen und Wachen, sowie ähnlich viele Neugierige zu finden sind, wie vorne. Auch der South Lawn sieht in Wirklichkeit viel kleiner aus, als wir uns das vorgestellt haben, kaum zu glauben, dass hier regelmäßig die Hubschrauber des Präsidenten landen.
Weiter über die ausgedehnte Rasenfläche der Ellipse kommen wir zur eindrucksvollen, fast 170 Meter hohen Marmornadel des Washington Monuments. Hier sitzen viele Besucher im Schatten des Obelisken gut geschützt vor der brennenden Sonne auf dem Rasen, es herrscht eine sehr entspannte Atmosphäre. Wir umrunden das Monument und gehen quer über den Rasen zum etwa 200 Meter entfernten National World War II Memorial, einer schönen Anordnung aus Gedenksteinen und großem Springbrunnen, in dessen Becken heute Kinder spielen und an dessen Rand auch die Erwachsenen das kühle Nass zur Erfrischung nutzen. Wir sind beeindruckt, wie gelungen die Gedenkstätte an einen Krieg in die heitere Freizeitgestaltung einbezogen wird. Wir bekommen langsam Hunger und gehen die 17th Street nach Norden bis zur Pennsylvania Avenue, folgen dieser ein Stück, da ich mir vage ein Restaurant in dieser Gegend gemerkt hatte, finden es aber nicht. Mir fehlt im Moment auch die Sicherheit der Orientierung aus dem Kopf, so dass wir nach einem Block umdrehen, obwohl wir später feststellen, dass das Restaurant nur wenige Meter weiter zu finden gewesen wäre. Stattdessen finden wir in einer Seitenstraße mehrere nette Gaststätten mit Tischen am Rand des breiten Gehwegs und entscheiden uns für das Equinox, in dem wir ohne Probleme sofort einen Tisch im Freien bekommen. Was wir bisher nicht wissen ist, dass heute der letzte Tag der Restaurant Week 2015 in Washington ist, einer Aktion, an der viele Restaurants der Stadt mitmachen und in einem Wettbewerb gegeneinander antreten. Zum Programm gehören 3 Gänge Menüs, die zu einem festen Preis von 35,-$ angeboten werden und von denen mehrere auch auf unserer Speisekarte stehen. So kommen wir ungeplant in den Genuss sehr kreativer Menüs mit spannender Suppe, gegrilltem Lachs und Schweinefilet, sowie als Dessert Mandeleis und Panna Cotta. Der Service und die Qualität des Abendessens sind hervorragend und werden dem Ruf des Equinox als eines der besten Restaurants Washingtons mehr als gerecht. Nach diesem sehr gelungenen Anfang unserer Reise kommen wir über den Lafayette Square Park gegenüber des White House in wenigen Minuten wieder zu unserem Hotel, wo wir ziemlich müde auch bald einschlafen.
Sonntag 23.8.2015
Nachts ist im Nebenzimmer ziemlich Party, die uns immer wieder aufweckt, trotzdem sind wir am Sonntagmorgen ganz gut ausgeschlafen und machen uns um acht auf die Suche nach einem geeigneten Frühstücksplatz. Wir stellen fest, dass das Cosi direkt neben unserem Hotel schon geöffnet hat, obwohl im Internet für Sonntag 9 a.m. angegeben ist. Hier finden wir gute Sandwiches, verschiedene belegte, quadratische Bagels, sogenannte Squagels und jede Menge Kaffee für wenige Dollars. Gegenüber dem Hilton Garden Inn befindet sich die McPherson Metro Station, wo wir anschließend unsere SmarTrip Cards für die U-Bahn kaufen. Zunächst stehen wir etwas ratlos vor all den verschiedenen Fahrkartenautomaten, werden aber sehr bald von einem freundlichen Mitarbeiter der Bahn unterstützt. Wir kaufen für jeden eine Karte mit einem Guthaben von acht Dollar, die beliebig aufgebraucht werden und auch wieder nachgeladen werden können. Der Bedienstete zeigt uns auch gleich den Weg zum richtigen Bahnsteig und folgt uns sogar dorthin, um sicherzustellen, dass wir auch wirklich in den gewünschten Zug zum Arlington Cemetery einsteigen. Die U-Bahn ist sehr modern und heute am Sonntag natürlich nicht sehr frequentiert. Wir kommen bequem an unser Ziel, wo wir auch gleich den Weg zum Visitorcenter des Arlington Nationalfriedhofs finden. Nachdem wir dort einen Lageplan erhalten haben, machen wir uns auf den Weg in den riesigen Friedhof, der auf uns eher wie ein ausgedehnter Park wirkt. Auf grünen Rasenflächen stehen fast endlose Reihen weißer Grabsteine, die bis auf ihre Inschriften alle gleich aussehen. Die Steine sind so angeordnet, dass sie je nach Blickrichtung immer gerade Linien bilden, die sich längs und quer durch das Gelände ziehen.
Die Felder der Grabsteine werden durch Gruppen von Bäumen unterteilt, in denen an diesem warmen Sonntagmorgen tausende Zikaden zirpen. Wir versuchen die geometrischen Muster durch Veränderung unseres Standorts so gut wie möglich ins Bild zu setzen und sind von der Präzision und der gelungenen Ordnung angetan. Zunächst folgen wir den Wegweisern zum Grab des unbekannten Soldaten, an dem jede halbe Stunde eine Wachablösung stattfinden soll. Dort sitzen schon einige Besucher auf den Stufen des Memorial Amphitheaters und beobachten den aktuell Wachhabenden, wie er mit genau gemessenen Schritten vor dem Gedenkstein auf und ab geht. Wir suchen uns einen geeigneten Platz und warten auf die Ablösung, die auch schon nach wenigen Minuten erscheint. Streng nach Vorschrift werden die Waffe und die Uniform des neuen Wachhabenden vom Kommandant geprüft, dann kommt die eigentliche Ablösung. Übergabe des Befehls, Salutieren vor dem Unbekannten Soldaten, worauf der bisherige Wachmann und der Kommandant abtreten und der neue mit seiner Patrouille beginnt. Alles funktioniert so genau im Gleichschritt aller drei Soldaten, dass wir uns fragen, wie sie zu diesem gemeinsamen Takt kommen, steckt wahrscheinlich sehr viel intensives Training dahinter.
Von hier gehen wir durch die große Grünanlage weiter zum Grab der Familie Kennedy, wo neben dem ehemaligen US Präsidenten John F. Kennedy auch seine Frau Jaqueline Kennedy Onassis nahe einer ewigen Flamme bestattet wurde. Auch hier sind wieder viele Menschen, die die Gedenkstätte an diese außergewöhnlichen Menschen besuchen.
Weiter zum etwas außerhalb des Friedhofs liegenden US Marine Corps War Memorial, das als Bronzestatue das Hissen der amerikanischen Flagge auf der Insel Iwojima nach ihrer Eroberung 1945 darstellt. Die Figuren sind bis ins Detail sehr lebensecht dargestellt, jeder Gesichtsausdruck zeigt deutlich die Mühe der gewonnen Schlacht, bei der innerhalb von fünf Wochen insgesamt mehr als 25.000 Soldaten starben.
Bei unserem Rückweg durch den Friedhof sehen wir an einigen wenigen der weißen Grabsteine kleine, farbenfrohe Blumensträußchen liegen, die einen schönen Kontrast zu der klaren geometrischen Anordnung der Steine bilden. Am Visitorcenter ist inzwischen viel Betrieb durch Gäste, die hier allerlei Informationen erhalten, die angegliederte kleine Ausstellung besuchen, oder sich Tickets für die typisch amerikanischen Rundfahrten in den Trolleybussen beschaffen. Über die Arlington Memorial Bridge gelangen wir über den Potomac und damit zurück aus Virginia nach Washington D.C. Beim Überqueren der Brücke beobachten wir viele Flugzeuge, die wie an der Schnur aufgereiht nacheinander vom nahe liegenden Ronald Reagan Airport starten und wundern uns drüber, dass der damit verbundene Lärm hier niemanden stört. Noch mehr Lärm entsteht allerdings, als dazwischen plötzlich mehrere Feuerwehren mit ihren blitzblank polierten Einsatzfahrzeugen ausrücken, von denen jedes am Heck stolz die amerikanische Flagge trägt.
Gleich am anderen Ufer erreichen wir das Lincoln Memorial, das zu den berühmtesten und wichtigsten Denkmälern Washingtons gehört. Hier hatte Martin Luther King 1963 vor 250.000 Menschen seine bekannte Rede „I have a dream“ gehalten und auch heute sind hier ziemlich viele Besucher, wenn auch bei weitem nicht so viele wie damals. Jeder, also auch wir, möchte einmal zu der fast sechs Meter hohen Statue des sitzenden Abraham Lincoln, der als 16. Präsident der Vereinigten Staaten die Sklaverei endgültig abgeschafft hatte. Das ist bestimmt auch der Grund dafür, dass die große im griechischen Stil errichtete Halle als Tempel bezeichnet wird und sich auch so anfühlt. Das weiße Gebäude mit seinen 36 Säulen und der Statue strahlt Kraft und Ruhe aus, die sich auch auf die Besucher übertragen. Phantastisch ist der Blick vom Lincoln Memorial über den Reflecting Pool zum Washington Monument, das sich in der Wasseroberfläche spiegelt.
Nach der Besichtigung des Lincoln Memorials gehen wir die zweihundert Meter weiter zum Vietnam Veterans Memorial, das wir bei der Bronzestatue „Three Servicemen“ betreten. Die Statue zeigt drei Soldaten unterschiedlicher Rasse in der für den Vietnamkrieg typischen Kleidung und vermittelt gleich zu Beginn einen Eindruck, wie beschwerlich der Einsatz für die einzelnen dort gewesen sein muss. Das Kernstück des Memorials besteht aus zwei fünfundsiebzig Meter langen Mauern aus schwarzem Granit, in die Namen der fast sechzigtausend vermissten oder getöteten amerikanischen Soldaten in chronologischer Reihenfolge eingemeißelt sind.
Durch die nicht enden wollende Zahl von Namen wird das furchtbare Ausmaß dieses Krieges sehr eindrucksvoll spürbar. Trotzdem ist auch hier weniger Trauer als vielmehr Würde und Ergriffenheit zu erleben. Einige Schritte weiter befindet sich das Women’s Memorial, durch das an die Einsätze von Frauen im Krieg erinnert werden soll. Im Schatten der großen Bäume machen wir eine kurze Pause und gehen dann weiter zum Korean War Veterans Memorial, das auf der gegenüberliegenden Seite des Lincoln Memorials und des Reflecting Pools liegt. Das Denkmal besteht im Wesentlichen aus neunzehn Edelstahl-Statuen, die Soldaten verschiedener Gattungen in voller Kampfausrüstung zeigen. Die Soldaten befinden sich zwischen Granitstreifen und Wacholderbüschen, die das raue Gelände Koreas darstellen. Wir sind vor allem von der sehr lebensechten Darstellung der Figuren und ihrer Gesichter beeindruckt. Das Denkmal wird ergänzt von einer Granitmauer, in die fotografische Darstellungen von Kriegsszenen eingeätzt wurden, und von einer weiteren Mauer, die die silberne Inschrift „Freedom Is Not Free“ trägt.
Vom Korean War Memorial wandern wir entlang des Reflecting Pools zum World War II Memorial und stellen dabei fest, dass der Pool mit 650 Metern viel länger ist, als er vom Lincoln Memorial aus scheint. Als wir später an der Südseite des Weißen Hauses vorbei kommen, sehen wir dort viele Sicherheitskräfte, die gestern noch nicht da gewesen waren. Sogar auf dem Dach des Gebäudes sind Scharfschützen in Position, vielleicht ist Mr. President ja inzwischen zuhause. Am Nachmittag ziehen wir los und suchen in der Nähe des Hotels einen Supermarkt, was gar nicht so einfach ist, da wir ja nicht wissen, nach welchen Namen wir Ausschau halten müssen. Zwei Blocks weiter finden wir einen CVS Pharmacy, den wir erst für eine Apotheke halten, der aber ein Markt für Lebensmittel mit angegliederter Drogerie und Apotheke ist. Die Wasserflaschen, die wir in den Regalen finden, sind uns mit etwa zwei Dollar für einen Liter zu teuer, nach längerem Suchen finden wir aber gut versteckte Großpackungen, die für 24 Halbliterflaschen gerade mal 4,69$ kosten, das geht. Ist nur etwas mühsam zu tragen, geht aber auf der Schulter ganz gut, da sie alle mit einer recht stabilen Plastikfolie umwickelt sind. Gegenüber unserem Hotel liegt eines der bekannten Five Guys Schnellrestaurants, in dem wir sehr gute Hamburger und Pommes bekommen. Dazu können wir uns beliebig viele Erdnüsse knacken, während wir auf unser Essen warten. Nach dem Essen gehen wir noch einmal in Richtung Weißes Haus, wobei uns auffällt, dass jetzt viel mehr Menschen dorthin unterwegs sind, als vorher. Plötzlich kommen mehrere Hubschrauber im Tiefflug auf das Weiße Haus zu, von denen zwei im letzten Moment abdrehen und der dritte im Garten des Weißen Hauses landet. So schnell wir können gehen wir jetzt auch da hin, müssen aber wie alle anderen Zuschauer auch einen recht großen Sicherheitsabstand zum Zaun einhalten, das ganze Gelände ist weiträumig abgesperrt.
Wir sehen gerade noch, wie einige Begleiter des Präsidenten vom Hubschrauber ins Haus gehen, Barack Obama und seine Familie sind uns allerdings entwischt. Kurz darauf hebt der Hubschrauber im engen Park wieder ab, windet sich zwischen den Bäumen nach oben und verschwindet im Abendhimmel. Nach diesem spannenden Moment machen wir uns auf den Weg, die National Mall weiter zu erkunden. Zunächst gehen wir wieder zum Washington Monument, das zentral auf einer kleinen Anhöhe des großen Parks liegt und von dem wir einen guten Überblick haben. Wir blicken immer wieder zurück zum Weißen Haus in der Hoffnung vielleicht doch jemand aus der Präsidentenfamilie auf einem der Balkons zu sehen, sie halten sich aber im Inneren des Hauses versteckt. Dafür sehen wir auf der gegenüberliegenden Seite des Washington Monuments ein weiteres Denkmal, das sich als das Thomas Jefferson Memorial herausstellt. Der Weg dorthin führt uns zum Ufer des Tidal Basin, einem großen Seitenbecken des Potomac Rivers, auf dessen gegenüberliegender Seite das Denkmal liegt. Da wir keine Karte dabei haben verschieben wir den Besuch des Jefferson Memorials auf morgen und gehen unter großen Bäumen zum World War II Memorial, das wir in der Dämmerung erreichen.
Durch die geschmackvolle Beleuchtung der Springbrunnen, sowie des Lincoln Memorials im Westen und der Nadel des Washington Monuments im Osten entsteht hier eine wunderbare Stimmung. Wir gehen direkt zur Stirnseite des Reflecting Pools, um von dort einen guten Blick auf das Lincoln Memorial und sein Spiegelbild zu haben und werden dabei sofort von Millionen kleiner Mücken angegriffen, die am Rand des brackigen Wassers ideale Lebensbedingungen vorfinden. Schnell machen wir einige Fotos und flüchten wieder in die sichere Entfernung des WWII Memorials. Beim Rückweg zum Hotel versuchen wir einen letzten Blick ins Weiße Haus zu erhaschen, es ist aber schon alles dunkel.
Montag 24.8.2015
Nach einer ruhigen Nacht und Frühstück bei Cosi fahren wir mit der U-Bahn hinaus zum Pentagon, das wie der Arlington Zentralfriedhof auf der anderen Seite des Potomac im Bundesstaat Virginia liegt. Nach dem Verlassen der U-Bahnstation am Pentagon suchen wir erst eine Zeit lang nach dem charakteristischen fünfeckigen Gebäude, das wir aus vielen Nachrichten kennen, um irgendwann einmal festzustellen, dass wir direkt davor stehen. Allerdings ist aus der Nähe die Form des riesigen Bauwerks nicht zu erkennen. An großen Parkplätzen vorbei folgen wir der Beschilderung zum Pentagon 9/11 Memorial, wobei uns auffällt, dass im gesamten Bereich das Fotografieren verboten ist. Erst direkt im Memorial ist es ausdrücklich erlaubt, Bilder zu machen.
Die Gedenkstätte ist ein kleiner Park, in dem 184 Bänke so angeordnet sind, dass sie auf parallelen Strahlen die Richtung des am 9. September 2001 ins Pentagon fliegenden Flugzeugs AA77 bezeichnen. Die Strahlen repräsentieren die Geburtsjahre der bei dem Anschlag getöteten Menschen. Jede Bank trägt an ihrer Stirnseite den Namen des Getöteten und ist so ausgerichtet, dass man erkennen kann, ob das Opfer ein Passagier des Flugzeugs oder ein Mitarbeiter im Pentagon war. Wir brauchen eine Weile, bis wir die Anordnung verstehen und bewundern auch hier die Symbolik, die mit recht einfachen Mitteln zum Ausdruck kommt. Da die noch jungen Bäume des Memorials kaum Schatten spenden, kommen wir bei strahlendem Sonnenschein schnell ins Schwitzen und sind froh, bald wieder ins Kühle der U-Bahn verschwinden zu können. Als wir die Metro an der Station L’Enfant Plaza verlassen, stehen dort an der Straße lange Reihen bunter Food Trucks hintereinander, an denen sich die Angestellten der umliegenden Bürogebäude ihr Mittagessen abholen. In der Ferne sehen wir das Kapitol und machen uns entlang der Maryland Avenue und an einigen der berühmten Museen Washingtons vorbei auf den Weg dorthin. Einen Museumsbesuch haben wir während dieser Reise nicht auf dem Programm, dafür müssten wir wohl weitere Tage in dieser schönen Stadt einplanen.
Auch wenn die Kuppel des Kapitols durch ein Baugerüst verdeckt ist, was den Fotografen in mir natürlich nicht freut, ist das Bauwerk in seiner ausgedehnten Grünanlage sehr schön und beeindruckend. Wir umrunden das Gebäude im schattigen Park und kommen zum Besuchereingang, wo uns gleich gesagt wird, dass wir aus Sicherheitsgründen nicht einmal unsere Wasserflaschen mit hinein nehmen dürfen. Es ist aber viel zu heiß heute, als dass wir uns jetzt schon darauf einlassen wollen, außerdem sind wir vor allem an einem Besuch der Nationalbibliothek interessiert, die nicht weit vom Kapitol liegt und von der aus es einen weiteren unterirdischen Zugang zum Kapitol geben soll. Am Eingang der Library of Congress kommt es uns so vor, als ob wir eine andere Klimazone betreten würden, so kalt ist die klimatisierte Luft im Vergleich zu der Temperatur in der prallen Sonne. Nach einer Sicherheitskontrolle, bei der die Wasserflaschen nicht beanstandet werden, betreten wir das Hauptgebäude der Bibliothek, das Thomas Jefferson Building, ein prachtvoller Bau im italienischen Renaissancestil. Gleich hinter der sehr schönen Haupthalle stehen im Erdgeschoss zwei Vitrinen mit sehr seltenen und außergewöhnlichen Exponaten. Auf der einen Seite ist ein Exemplar der insgesamt etwa 180 jemals gedruckten Gutenberg Bibeln zu sehen, gegenüber liegt die handgeschriebene Mainzer Riesenbibel, die wie die Gutenberg Bibel um das Jahr 1453 in Mainz entstand. Im ersten Stock besichtigen wir die Thomas Jefferson Library mit ihren uralten Büchern verschiedener Fachrichtungen, die nach einem Großbrand 1814 als Grundstein zum Wiederaufbau der National Library dienten. Nebenan befindet sich eine Sammlung zur amerikanischen Geschichte mit einem Exemplar der Unabhängigkeitserklärung sowie mit mehreren Seekarten, die die Erde aus der Sicht der Zeit vor Christoph Kolumbus zeigen.
Es macht Spaß, in diesen alten Dokumenten zu stöbern und wir fühlen regelrecht, welcher Aufwand erforderlich war, sie so kunstvoll herzustellen. Ein kleiner Rundweg führt zu einer Empore über dem Großen Lesesaal, von wo wir einen schönen Blick auf die Arbeitsplätze und einen kleinen Teil des riesigen Bücherbestands der Bibliothek haben. Wir verlassen die Library of Congress, wobei noch einmal unsere Taschen durchsucht werden und wandern bei drückender Hitze vorbei am Supreme Court zur Union Station, dem großen, zentralen Bahnhof in Washington D.C. Die Haupthalle wirkt viel mehr wie ein Einkaufszentrum, als ein Bahnhof, verschiedene Geschäfte reihen sich aneinander, im westlichen Flügel bieten mehrere Restaurants und Cafés eine große Auswahl an Gerichten. Wir essen leckere Sandwiches und machen uns dann auf die Suche zum Busbahnhof, von dem wir morgen unsere Fahrt nach New York antreten wollen. Es ist gar nicht so einfach, das Terminal durch die langen und verwinkelten Gänge zu finden. Von der Union Station nehmen wir die U-Bahn bis zur Metro Center Station und gehen zu Fuß zu unserem Hotel, genau die Strecke, die wir am nächsten Tag mit Gepäck nehmen möchten. Nach einem frühen Abendessen bei den Five Guys fahren wir mit der U-Bahn zur Smithsonian Station, von wo wir weiter zum Thomas Jefferson Memorial wandern möchten. Nach anfänglichen Orientierungsschwierigkeiten finden wir den Weg über den Washington Channel und entlang des Tidal Basin zum runden Säulenbau des Jefferson Memorials. Auf den letzten Metern des Weges fallen schwere Tropfen aus den schwarzen Wolken am Himmel und wir schaffen es gerade noch ins Innere, bevor ein heftiger Wolkenbruch mit Gewitter losgeht. Der Sturm ist so stark, dass der Regen quer durch den ganzen Tempel getrieben wird und wir nur im Windschatten der Säulen ausreichend Schutz finden. Wir stellen fest, dass man von hier einen guten Blick über das Washington Monument zum Weißen Haus hat und erkennen, wie durchdacht die Gebäude und Denkmäler dieser Stadt zueinander angeordnet sind. Während der Regen aufhört geht die Sonne hinter schweren Wolken unter und wir überlegen ob wir wie geplant den ganzen Weg um das Tidal Basin wagen sollen, falls es wieder anfängt zu regnen, würden wir dabei ganz schön nass werden.
Doch es sieht so aus, als ob das Gewitter sich verziehen würde, nur noch vereinzelte Blitze zucken über den dramatischen Himmel, und so marschieren wir los. Von der Brücke über den Zufluss zum Tidal Basin haben wir einen tollen Blick zu Jefferson Memorial und zum Washington Monument. Ab hier folgen wir den Wegweisern zum Franklin Delano Roosevelt Memorial, das wir nach einigen Minuten in völliger Dunkelheit erreichen. Hier stellen mehrere Bereiche die Verhältnisse während Roosevelts Präsidentschaft dar, die durch die Weltwirtschaftskrise und durch den zweiten Weltkrieg geprägt war. Wegen des vorhergehenden Gewitters sind wir fast alleine unterwegs, wodurch die Wirkung der verschiedenen Skulpturen noch verstärkt wird. Weiter am Ufer des Basin entlang kommen wir bald darauf zum erst vor vier Jahren eingeweihten Martin Luther King Jr. National Memorial.
Das Zentrum dieses Denkmals bildet der sogenannte Stone of Hope, der Stein der Hoffnung, ein etwa zehn Meter hoher fast weißer Granitblock, aus dem die Gestalt Martin Luther King Jr. herausgearbeitet wurde. Der 1968 ermordete Bürgerrechtler ist der erste Afroamerikaner, dem auf der National Mall ein Denkmal errichtet wurde. Seine wohl bekannteste Rede „I Have a Dream“ hielt Martin Luther King Jr. am 28. August 1963 ganz in der Nähe am Lincoln Memorial. Wir setzen unsere Runde fort und gehen weiter zum Korean War Memorial, das in der Dunkelheit noch wesentlich bedrückender wirkt als noch am Tag. Wegen der vielen Mücken am Reflecting Pool wählen wir einen parallelen Weg in einigem Abstand zum Wasser, der uns wieder zum WWII Memorial führt. Noch einmal sind wir beeindruckt, wie entspannt die Stimmung an diesem Denkmal ist, wenn man an all das Leid denkt, das damals ertragen werden musste. Viele Einheimische und Touristen genießen wie wir den warmen Sommerabend. Als wir ins Hotel zurück kommen sind wir ganz schön geschafft, waren doch einige Kilometer bei unerwartet hohen Temperaturen gewesen, trotzdem sind wir froh, nichts davon ausgelassen zu haben.
Dienstag 25.8.2015
Am Morgen sind wir beide ganz schön aufgeregt, weil wir ja heute zum allerersten Mal mit dem Bus fahren wollen. Um ganz sicher zu sein, dass wir rechtzeitig am Bahnhof sind, gehen wir schon früh zum Frühstück und machen uns gleich danach mit unserem Gepäck auf den Weg. So kommt es, dass wir schon um 9:30 Uhr am Bahnhof sitzen und darauf warten, in den Bus einsteigen zu können. Eine halbe Stunde vor der geplanten Abfahrt um 11:00 Uhr können wir uns endlich in die Warteschlange am Bussteig einreihen, es hat den Anschein, als ob fast alle Reisende heute nach New York fahren wollen, für die anderen Ziele sind so gut wie keine Passagiere am Busbahnhof. Als es soweit ist, laden wir unsere Taschen in das untere Gepäckfach und suchen uns zwei freie Sitzplätze. Die Sitze sind ausreichend bequem und bieten genügend Platz, während der gesamten Fahrt steht sogar eine kostenlose WLAN Verbindung zur Verfügung. Unsere Strecke führt erst durch die Außenbezirke von Washington, um sich dann durch endlose Wälder und Farmland zu ziehen. Soweit wir das sehen wird hier überwiegend Mais angebaut. Wir kommen an Baltimore vorbei mit seinen ausgedehnten Hafenanlagen, überqueren einige Flüsse und Buchten über riesige Brücken und sehen Hinweisschilder nach Philadelphia, das jedoch zu weit von unserem Highway entfernt liegt, als dass wir etwas von der Stadt sehen könnten. Nach etwa vier Stunden Fahrzeit erreichen wir New Jersey, wo wir links von uns den internationalen Flughafen Newark sehen, während rechts in der Ferne die Hochhäuser von Manhattan erkennbar sind. Allerdings haben wir wegen der dichten Bebauung nie freie Sicht auf die Skyline von New York. Nach dem Durchqueren von Weehawken, einem Stadtteil von New Jersey, windet sich die Autobahn in einer großen Schleife nach unten und verschwindet in den Röhren des zweieinhalb Kilometer langen Lincoln Tunnels, der dreißig Meter unter dem Hudson River hindurch direkt ins Zentrum von Manhattan führt. Aus dem Tunnel führen mehrere Rampen zum Port Authority Bus Terminal, dem mit täglich über zweihunderttausend Fahrgästen größten Busbahnhof der Welt. Wie in einem überdimensionalen Parkhaus schraubt sich unser Bus ins Untergeschoss, wo wir an einem der 223 Bussteige aussteigen. Zum Glück ist das Gebäude sehr gut beschildert, so dass wir recht einfach den Ausgang in Richtung 8th Avenue und 42nd Street finden. Mit unseren Koffern im Schlepp gehen wir die 8th Ave bis zur 50th Street, in der sich unser Hotel befindet. Die Gehwege sind ziemlich uneben, haben immer wieder großflächige Belüftungsgitter für die darunter laufende U-Bahn und sind belebt wie wir das von zuhause nur an den Samstagen vor Weihnachten in den Innenstädten kennen. Trotz der vielen Menschen herrscht kein Gedränge und wird recht rücksichtsvoll miteinander umgegangen. In der 50th St finden wir schnell das citizenM Hotel, unsere Unterkunft für die nächsten Tage. Als wir aus der Nachmittagshitze der Stadt durch die automatischen Glastüren gehen, kommt es uns erst vor, als ob wir einen Kühlschrank betreten würden, so stark ist das Gebäude klimatisiert, doch nach sehr kurzer Zeit empfinden wir die Temperatur als recht angenehm. Das Foyer des Hotels ist sehr kunstvoll gestaltet, es gibt mehrere Sitzgruppen mit modernen Designermöbeln, große Bücherregale, ausgefallene Dekoration und Lampen und eine große Bar im hinteren Bereich. Uns empfängt ein Computerterminal mit Scanner, an dem wir selbst einchecken können, wobei uns sofort ein sehr freundlicher Angestellter des Hotels Hilfe leistet. Wir können sogar aus einigen freien Zimmern wählen, wo wir wohnen wollen und entscheiden uns für einen Raum im fünften Obergeschoss. Unser Zimmer ist auf recht kleiner Fläche genial einfach eingerichtet. Das große Bett befindet sich direkt am Fenster und bietet einen guten Blick auf die unten liegende Straße. Unter dem Bett ist eine riesige Schublade, in der alle unsere Taschen bequem Platz finden. Vorne an der Eingangstür sind zwei kleine Schränke für die Bekleidung, die wir gerade in Benutzung haben, in einem der Schränke ist sogar ein geräumiger Tresor mit Zahlenschloss eingebaut. Vom Eingang her rechts befindet sich ein Waschtisch mit Spiegel an der Wand, der trotz einer sehr geringen Tiefe von etwa 30 cm ausreichend Stellmöglichkeit für unsere Toilettenartikel bietet. Gegenüber dem Waschtisch liegt eine ovale Nasszelle mit Toilette und Dusche, die mit einer Wand aus Milchglas vom übrigen Raum abgetrennt ist. Zwischen der Dusche und dem Bett gibt es noch einen kleinen Schreibtisch mit genügend Platz für ein Notebook und einige Unterlagen. In einer Ladestation finden wir ein kleines Tablet, mit dem alle Funktionen des Zimmers gesteuert werden können. Ferngesteuert können wir Gardinen und Rollos bedienen, die Temperatur regeln und sämtliche Lampen ein und ausschalten. Die Beleuchtung der Dusche kann in jeder beliebigen Farbe effektvoll eingestellt werden, je nach Stimmung wählen wir mal grün, mal gelb oder auch mal rot. Außerdem können wir über das Tablet den Fernseher bedienen und aus einer großen Musiksammlung die gewünschten Titel wählen. Nachdem wir uns eingerichtet haben gehen wir zuerst zur Bar im einundzwanzigsten Stock, von deren Terrassen wir einen schönen Blick in die Straßenschluchten haben und bis zum Rockefeller Center sehen, das sich drei Blöcke weiter zwischen 5th und 6th Ave befindet.
Nun sind wir sehr gespannt auf den Times Square und machen uns auf den Weg zu diesem wohl berühmtesten Platz der ganzen Stadt. Bevor wir aber dorthin gehen, fordert erst einmal der Hunger seine Aufmerksamkeit. Die Auswahl an Restaurants ist so groß, dass es uns nicht leicht fällt, uns für eines zu entscheiden. Da wir von früheren Reisen schon das TGI Fridays kennen, gehen wir jetzt in dieses Schnellrestaurant, für neue Erfahrungen haben wir ja noch einige Tage Zeit. Ausgerechnet diese TGI Filiale kommt in den Bewertungen im Internet nicht besonders gut weg, vor allem werden lange Wartezeiten kritisiert, und so passiert es auch uns, dass wir erst einmal einige Minuten auf die Bedienung warten müssen. Da wir ausreichend Zeit haben, ist das in diesem Moment erträglich, zeigt uns aber auch, dass man den Bewertungen im Internet durchaus trauen kann, insbesondere wenn wie hier viele Beiträge in die gleiche Richtung weisen. Auf jeden Fall sind die Burger ziemlich gut, so dass wir uns in der anbrechenden Dämmerung frisch gestärkt zu neuen Entdeckungen aufmachen können. Wir nähern uns dem Times Square über den Broadway, der in diesem Bereich als Fußgängerzone ausgewiesen ist, während alle anderen Straßen so wie in ganz Manhattan üblich als Einbahnstraßen befahren werden. Sowohl auf der Straße als auch auf den Gehwegen herrscht ein großes, wenn auch diszipliniertes Gedränge. Wir lassen uns einfach treiben und kommen bald zu der großen, permanenten Tribüne des Times Square, die dem One Times Square Hochhaus gegenüber liegt. Von diesem Gebäude, das ursprünglich The Times Tower hieß, wird jedes Jahr zum Jahreswechsel vor einer Million Besucher der leuchtende Times Square Ball herab gelassen.
Alle Gebäude sind fast vollständig mit Leuchtreklamen verkleidet, meist sind dies überdimensionale Farbdisplays, auf denen wechselnde Werbung oder kurze Filme gezeigt werden, man weiß nie so richtig, wo man hinschauen soll, sieht man doch ständig aus den Augenwinkeln von irgendwoher neue Reflexe aufleuchten. Wir kämpfen uns zum obersten Rand der voll besetzten Tribüne und lassen das Lichterspektakel eine ganze Zeit lang auf uns wirken. Danach machen wir einen ausgedehnten Rundgang über den gesamten Platz, der im Wesentlichen aus der Kreuzung von 7th Ave mit dem Broadway besteht und sich von der 42nd St bis zur 47th St erstreckt. In einem der vielen Starbucks Cafés, allein am Times Square gibt es mindestens vier Shops dieser Kette, machen wir eine Pause, bevor wir auf dem Rückweg noch einmal die Aussicht auf das bunte Treiben von der Tribüne genießen. Der Kontrast zu der Atmosphäre, die wir im beschaulichen Washington erleben durften, könnte nicht größer sein, wir müssen uns wohl erst an diese pausenlose Betriebsamkeit gewöhnen und ziehen uns bald völlig geschafft in unser Hotelzimmer zurück.
Mittwoch 26.8.2015
Einen Block von unserem Hotel entfernt finden wir ein Restaurant von Cosi, mit dem wir ja in Washington schon gute Erfahrung gemacht hatten. Wie wir das erwartet hatten, gibt es hier das gleiche Angebot zum Frühstück, allerdings fehlt die freundliche Gelassenheit, die uns in Washington so gefallen hatte. In der Metro kaufen wir uns am Automaten 7-Tages Pässe, die mit 31,- $ pro Person recht günstig sind und uns die Gelegenheit geben, so viel zu fahren wie wir wollen, ohne jedes Mal neu bezahlen zu müssen. Unsere erste Fahrt führt zur Station World Trade Center, wo wir bei einer kleinen Kirche in einer Seitenstraße herauskommen und uns erst einmal orientieren müssen. Sofort werden wir von verschiedenen Verkäufern angesprochen, die uns allerhand Souvenirs oder auch geführte Touren anbieten, die wir aber ablehnen. Zwischen den Häusern erkennen wir ganz in der Nähe den riesigen Turm des One World Trade Centers und folgen einigen anderen Besuchern in diese Richtung. Kurz darauf weisen Pfeile zur Ground Zero Gedenkstätte, die wir besuchen möchten. Der Weg führt zwischen Großbaustellen hindurch, an denen noch immer weitere Gebäude des neuen Welthandelszentrums entstehen, zu den Pools der am 11. September 2001 bei den Terroranschlägen zerstörten Zwillingstürme. Wir erreichen die Gedenkstätte am sogenannten North Pool, wo ein quadratisches Becken den Grundriss des nördlichen Turmes abbildet. Rundum fällt ein Wasserfall neun Meter in die Tiefe und symbolisiert so den Einsturz des Hochhauses mit dem damit verbundene Leid.
Der Rand des Beckens ist, wie auch der des nahe liegenden und baugleichen South Pools, mit Kupferplatten verkleidet, in die die Namen aller 2.983 Menschen gefräst sind, die am 11. September 2001 und bei der Bombenexplosion am 26. Februar 1993 ums Leben gekommen sind. Besonders erschütternd sind bei einigen Frauen die Zusätze „… and her unborn child“, aber auch die große Zahl der Namen, die bei den ums Leben gekommenen Rettungskräften aufgelistet sind. Vereinzelt sehen wir Blüten weißer Rosen, die zum Gedenken an die Opfer in die Namen gesteckt wurden. Wir gehen hinüber zum South Pool, von dem aus wir einen schönen Blick zum neuen One World Trade Center haben, das als Nachfolger für die beiden früheren Hochhäuser das Zentrum des Gebäudekomplexes bildet.
Mit einer Höhe von 541,32 Metern ist das 1WTC das höchste Gebäude der Vereinigten Staaten, das aber wegen seiner gefälligen Architektur nicht so sehr dominierend wirkt, wie man aufgrund der technischen Daten eigentlich annehmen könnte. Wir gehen zurück zur Metro Station, inzwischen sind viel mehr Touristen unterwegs, als vorher bei unserer Ankunft, und fahren mit der U-Bahn in nördlicher Richtung bis zur Station Port Authority Bus Terminal in der 42nd St. Von hier wandern wir ungefähr einen Kilometer entlang der 42nd St bis hinaus zum Pier 83, von wo wir eine Bootsfahrt um Manhattan unternehmen möchten. Es ist erstaunlich wenig Betrieb, nach den Empfehlungen in Reiseführern und im Internet soll man seine Tickets möglichst schon vorab reservieren, um zum gewünschten Termin sicher einen Platz auf dem Schiff zu erhalten. Wir kaufen die Karten für die nächste Fahrt und verbringen die Wartezeit an einem Imbiss ganz in der Nähe, wo wir ganz leckere Burger und Pommes zu Mittag essen. Als es Zeit wird, an Bord zu gehen reihen wir uns ein und kommen auch zügig auf das Schiff.
Wir gehen aufs Oberdeck, wo viele der aufgereihten Stühle schon besetzt sind, insbesondere die Plätze an der Reling sind schon alle vergeben. Wir suchen uns Plätze aus, von denen wir in alle Richtungen einigermaßen freien Blick zum Fotografieren haben und warten auf die Abfahrt. Als es dann los geht, stellen wir schnell fest, dass doch immer wieder ein anderer Fahrgast im Weg steht, wenn wir fotografieren möchten, also mache ich mich auf die Suche nach einer besseren Alternative. Am Heck des Schiffs gibt es einen kleinen, abgegrenzten VIP Bereich, wo man gegen eine Zusatzgebühr von 50,-$ einen Platz an der Reling kaufen könnte. Ein weiterer Vorteil dieser Plätze ist, dass sie überdacht sind und man so der brennenden Sonne nicht mehr ungeschützt ausgesetzt wäre. Wir entscheiden, das Geld zu spendieren, finden aber auf der Suche nach dem Besatzungsmitglied, bei dem der Betrag zu entrichten wäre, eine schöne und schattige Stelle am Heck des unteren Decks, wo wir zwar nicht sitzen können, dafür aber ungestörte Sicht nach hinten und nach den Seiten haben, das ist perfekt. Die Tour führt zunächst den Hudson River hinab und bietet von hier schöne Blicke auf die Wolkenkratzer Manhattans, während auf der gegenüberliegenden Seite New Jersey an uns vorbei zieht. Wir passieren Ellis Island, wo zu Zeiten der großen Zuwanderung alle Neuankömmlinge in die USA einreisen mussten, und kommen bald darauf zur Freiheitsstatue, die wunderbar in der Nachmittagssonne vor uns aufragt.
Da steht sie nun vor uns, eines der berühmtesten Denkmäler der Welt, und wirkt dabei ziemlich normal, gar nicht so riesig, wie wir das irgendwie erwartet hatten. Das liegt vor allem auch daran, dass die Insel mit der Freiheitsstatue mitten im Trubel liegt, umgeben von Industrieanlagen, wie eine Verkehrsinsel auf einer viel befahrenen Straße. Wir sehen viele Touristen am Fuß der Statue, ständig werden mit voll besetzten Fähren weitere Besucher übergesetzt, doch wir können keine Menschen in den Fenstern der Krone erkennen, die doch normalerweise auch zu besichtigen ist. Von der Freiheitsstatue aus folgen wir dem East River nordwärts, durchqueren viele Brücken, die Manhattan mit Brooklyn verbinden und haben so ständig wechselnde Blicke auf die Skyline der Stadt und auf viele bekannte Bauwerke wie das Chrysler Building oder das Hauptquartier der Vereinten Nationen. Beim Umrunden der nördlichen Spitze von Manhattan kommen wir über den Harlem River durch einige bewegliche Brücken, kurz vor der Mündung in den Hudson River auch durch eine Drehbrücke, die für uns geöffnet wurde. In kurzer Entfernung sehen wir einen Zug darauf warten, dass die Brücke wieder geschlossen wird und er weiter fahren kann.
Ein Stück weiter südlich passieren wir die gigantische George Washington Bridge, die den Fluss in einer Höhe von 65 Metern überspannt. Mit ihren insgesamt vierzehn Fahrspuren ist sie die meistbefahrene Straßenbrücke der Welt. In diesem Bereich sind beide Ufer des Hudsons stark bewaldet, von der dichten Besiedlung ist hier streckenweise nichts mehr zu sehen. Nach und nach geht der Wald zurück und die überwiegend älteren Gebäude der Upper West Side von Manhattan nähern sich dem Fluss. Auffallend sind die charakteristischen Wassertanks auf den Dächern, die bis heute die Versorgung der einzelnen Gebäude mit Leitungswasser, aber auch mit Löschwasser sicherstellen.
Wir vollenden unsere Rundfahrt und kommen nach knapp drei Stunden wieder am Pier 83 an. Dort verlassen wir als letzte das Schiff und gehen zu Fuß zurück zu unserem Hotel. Am Abend fahren wir mit der Metro zur Kreuzung von 23rd St und 5th Ave mit dem Broadway, dem Standort des Flatiron Building, einem der Wahrzeichen von New York. Dieser Wolkenkratzer ist einundneunzig Meter hoch und wegen seiner ungewöhnlichen Keilform an der Spitze gerade mal zwei Meter breit. Je nach Standort ergibt sich dadurch eine sehr eigenartige Perspektive. Gegenüber vom Flatiron liegt der nach dem vierten Präsidenten der USA benannte Madison Square Garden.
Es macht Spaß, in der warmen Sommernacht durch diesen zweieinhalb Hektar großen, schön bepflanzten Park zu schlendern. In der Ferne sehen wir die hell erleuchtete Spitze des Empire State Building, das mit seinen fast vierhundert Metern Höhe bis 1972 das höchste Gebäude der Welt war und auch heute noch das zweithöchste Gebäude in New York ist. Das Bauwerk zieht uns magisch an und wir folgen der 5th Ave bis wir den Eingang an der 34th St erreichen. Wir suchen den Ticketschalter und sehen, dass der Eintritt zur Aussichtsplattform im sechsundachtzigsten Stock pro Person 32,- $ kostet, das merken wir uns, da wir ja in den nächsten Tagen mindestens auf eines der großen Hochhäuser möchten. Zurück zum Times Square, wo es anscheinend rund um die Uhr total voll ist. Nach wenigen Minuten ziehen wir uns sehr müde und zufrieden mit dem erlebnisreichen Tag in unser Hotelzimmer zurück.
Donnerstag 27.8.2015
Wir gehen gleich nach dem Frühstück hinüber zum Rockefeller Center, das für seine Aussichtsplattform im 68sten Stock insgesamt die besten Bewertungen erhält und von dem aus wir uns den idealen Blick in alle Richtungen über Manhattan erhoffen. Der Eintrittspreis ist der gleiche wie für das Empire State Building, darüber hinaus wird aber am Rockefeller Center noch eine Sun and Stars Kombination angeboten, mit der man einmal am Tag und ein weiteres Mal in der Dunkelheit hinauf fahren kann. Wir entscheiden uns für diese Angebot, das 47,- $ für jeden kostet, und fahren gleich mit dem Aufzug nach oben. Vorher müssen wir noch durch eine Sicherheitskontrolle, es gibt aber um diese Uhrzeit noch kaum Wartezeiten. Die große Aussichtsplattform ist mit dicken Glasscheiben geschützt, die immer nur einen Abstand von einigen Zentimetern zueinander haben, so dass das Fotografieren ohne Reflexionen nicht einfach ist. Es gibt aber oberhalb eine weitere Plattform, die von hier aus über Treppen erreicht werden kann und die fast rundum eine ungestörte Sicht erlaubt. Wir sind begeistert und knipsen was das Zeug hält.
Nach Norden sieht man hinter wenigen Blöcken den riesigen Central Park mit seinen Seen und den weiten Grünflächen, der begrenzt wird durch die Prachtbauten aus den 1930er Jahren, weiter westlich in der Ferne überspannt die George Washington Brücke den Hudson, während wir nach Osten hinter Brooklyn den LaGuardia Airport erkennen. Im Süden dagegen liegt die Schokoladenseite von Manhattan. Von links nach rechts erkennen wir den East River mit seinen großen Brücken nach Brooklyn, das dominante Empire State Building, das man nur von hier aus so schön sehen kann, dann weiter in der Ferne die Wolkenkratzer des Financial District mit dem One World Trade Center und im Zusammenfluss des Hudson River mit dem East River die Freiheitsstatue auf ihrer kleinen Insel.
Zusammen mit den Eindrücken, die wir gestern bei der Bootstour gewonnen haben, können wir uns nun ganz gut innerhalb Manhattans orientieren. Das Rockefeller Center hat eine eigene U-Bahnstation, von der aus wir mit nur einmaligem Umsteigen in die Upper East Side, dem elegantesten und vornehmsten Viertel New Yorks fahren. Auf dem Weg von der Metro zum Central Park kommen wir an einigen zurückhaltend gestalteten Appartementhäusern vorbei, können aber den hier herrschenden Wohlstand allenfalls an den geparkten Limousinen überwiegend süddeutscher Herkunft erahnen, man verhält sich dezent. Wir betreten den Central Park in Höhe der 96th St, dem Ende der New Yorker Museumsmeile, die sich vom südlichen Rand des Central Park bis hierher erstreckt. Innerhalb des großen Parks wundern wir uns, dass wir gleich in der Nähe der Außenbegrenzung auf eine breite, asphaltierte Straße stoßen, die nur an gekennzeichneten Fußgängerüberwegen, teilweise sogar mit Ampeln, überquert werden darf.
Eigentlich dachten wir, der Central Park sei eine autofreie Zone, stellen aber bald fest, dass das tatsächlich stimmt und dass die Straße als Einbahnstraße markierte Spuren für Radfahrer, Skateboarder und für Jogger aufweist, ist wahrscheinlich an vielen Wochenenden auch tatsächlich nötig. Heute ist recht wenig Verkehr, nur ab und zu kommt eine Gruppe von Fahrrädern vorbei und einige Jogger drehen ihre Runde. Wir gehen am Rand des Jaqueline Kennedy Onassis Reservoir, dem größten See im Park entlang bis auf Höhe des Metropolitan Museum of Art, das sich innerhalb der Parkgrenzen befindet. Unterwegs hätten wir erwartet, einen Wegweiser zum Guggenheim Museum zu finden, es gibt aber nur sehr wenige Schilder zur Orientierung. Nun müssen wir einen Teil des Weges entlang der 5th Ave zurück gehen, bis wir dieses architektonisch auffallende Gebäude erreichen.
Wie so oft wirkt das Museum in seiner realen Umgebung ganz anders, als man es anhand von Fotografien erwartet hatte. Am Eingang des Museums erfahren wir, dass die Ausstellung an Donnerstagen geschlossen ist, ist nicht so schlimm, da ja vor allem das Gebäude für uns interessant war und die Bewertungen des Guggenheim Museums im Internet eher durchschnittlich sind. Zurück zum Met, dem größten Kunstmuseum der Vereinigten Staaten, das sicher ein anderes Mal einen Besuch wert ist, und von hier quer durch den Park zum The Lake, auf dem einige Tret- und Ruderboote unterwegs sind. Wir beobachten eine Gruppe Musiker, die mit voller Begeisterung einige Stücke zum Besten geben und erreichen durch teilweise dichten Wald und steile Hügel den Ausgang zur 72nd St im Westen des Parks, von wo wir mit der Metro zurück zum Times Square fahren. Bei Applebee’s in der 50th St essen wir lecker zu Abend und gehen gegen 20:00 Uhr wieder zum Rockefeller Center, um unseren zweiten Besuch beim Top of The Rock anzutreten.
Wir gehen bewusst schon bei Beginn der Dämmerung nach oben, um die hoffentlich schönen Farben des Sonnenuntergangs mitzubekommen, bevor dann die Nachtstimmung eintreten wird. Jetzt ist es oben relativ voll, alle Fotografen versuchen an der Südseite einen Platz direkt am Geländer zu erwischen. Jedes Mal wenn einer seinen Platz verlässt, um sich eine andere Perspektive zu suchen, arbeiten wir uns ein Stückchen weiter nach vorne und haben so schon nach kurzer Zeit freien Blick über die Südspitze Manhattans. Die Stadt liegt wunderbar unter uns, blinkt und glitzert, wir entdecken immer wieder etwas Neues. Nachdem die Sonne vollständig untergegangen ist, leert sich die Plattform immer mehr, so dass wir jetzt bei völliger Dunkelheit noch eine Zeit lang die Aussicht in alle Richtungen genießen können.
Freitag 28.8.2015
Heute möchten wir uns das angesagte Szeneviertel SoHo ansehen, das vor allem wegen der hier häufig verwendeten Fassaden aus Eisenguss bekannt ist. Diese Fassaden wurden ursprünglich als reine dekorative Elemente eingesetzt, womit einfachen Bauwerken kostengünstig das Aussehen von Barock- oder Renaissancegebäuden gegeben werden konnte. Später wurden auch tragende Strukturen in dieser Bauweise hergestellt, was ganz neue Gestaltungsmöglichkeiten ergab. SoHo, dessen Name sich aus seiner Lage „South of Houston Street“ ableitet, hatte mehrfach Jahrzehnte des Wohlstands im Wechsel mit Phasen des Niedergangs, der Kriminalität und von heruntergekommenen Slums durchlebt und wurde seit den 1960er Jahren von Künstlern und Freiberuflern langsam zu dem schicken und trendigen Stadtteil entwickelt, den wir heute sehen. Wir schlendern kreuz und quer durch die Straßen, in denen sich viele hochwertige Boutiquen und Ateliers angesiedelt haben, durchmischt mit Bars und feinen Restaurants. Wenn man es nicht weiß, kann man die eisernen Fassaden kaum von ihren Originalen aus Stuck und Mauerwerk unterscheiden.
Um die Mittagszeit fahren wir zum Madison Square Park und betrachten das Flatiron Hochhaus noch einmal bei Tageslicht. Im Park hat sich an einem Imbissstand eine sehr lange Warteschlange gebildet, offensichtlich gibt es dort ein sehr gutes und preiswertes Mittagessen. Weiter zum Herald Square, wo gerade eine Rockband in der U-Bahnstation eine laute und fetzige Vorstellung bietet. Hier am Herald Square befindet sich das Macy’s, das bis 2009 das größte Kaufhaus der Welt war, bevor im südkoreanischen Busan ein noch größerer Laden aufmachte. Wir machen eine kurze Runde durch die verschiedenen Ebenen, die tatsächlich riesig sind, ab dem dritten Stock wirkt es aber eben doch wie ein altes Kaufhaus, die Gänge sind sehr verwinkelt, es gibt kaum größere Freiflächen, selbst die Toiletten sind fast nicht zu finden. Dafür gibt es allein in diesem Gebäude mehrere McDonalds und Starbucks Filialen, wenn man den Tag mit Shoppen verbringen möchte, muss man also nicht hungern. Wirklich interessant sind die hölzernen Rolltreppen aus der Anfangszeit, die in den oberen Etagen noch immer ihre Dienste tun. Wir Einkaufsmuffel sind natürlich schnell fertig und fahren nach einem kleinen Spaziergang um den Platz mit der Metro weiter zum Rockefeller Center, wo wir uns an der Plaza gemütlich einen Kaffee genehmigen. Nebenan ist ein großer Lego-Laden, der aber nur das übliche Programm führt und keine speziellen Bauwerke aus New York, schade, denn so etwas hätten wir gerne gekauft.
Gegen Abend machen wir uns auf den Weg nach Brooklyn, wo wir von der Washington Street einen schönen Blick auf einen der Pfeiler der Manhattan Bridge und das in großer Entfernung dahinter liegende Empire State Building haben. Von hier gehen wir durch den Brooklyn Bridge Park immer am Ufer des East River entlang bis zum Granite Prospect. Wir kommen am Jane’s Carousel vorbei, wo hölzerne Pferdchen aus dem Jahr 1922 in einem großen gläsernen Pavillon ihre Runden drehen, sehen viele Familien mit Kindern, die den späten Nachmittag auf den Wiesen genießen und haben die ganze Zeit eine erstklassige Aussicht auf die beeindruckenden Brücken und die gegenüberliegende Skyline von Manhattan. Ein Brautpaar macht Hochzeitsfotos vor der Kulisse der Stadt und der Freiheitsstatue, die nicht weit von hier im Hafen steht.
Im Wasser und in der Luft herrscht eine emsige Betriebsamkeit, viele Fähren und viele Hubschrauber bieten ihren Passagieren interessante Blicke auf diese sehenswerte Szenerie. Nachdem die Sonne hinter den Hochhäusern verschwunden ist fahren wir wieder zurück und gehen noch einmal bei Applebee’s essen, das sich inzwischen zu unserem bevorzugten Restaurant entwickelt hat.
Samstag 29.8.2015
Am Morgen müssen wir am Rockefeller Center recht lang auf eine U-Bahn warten, offensichtlich fährt das System am Wochenende mit reduzierter Kapazität. Von der Station East Broadway sehen wir gleich die Manhattan Bridge, die wir zu Fuß überqueren möchten. Der Weg zur Rampe der Brücke führt uns erst ein Stück weit durch Chinatown, eine der größten chinesischen Gemeinden in Nordamerika. Alle Geschäfte sind ausschließlich mit chinesischen Zeichen beschriftet, die Auslagen zeigen, dass hier überwiegend Gegenstände des täglichen Bedarfs angeboten werden und kaum Waren für Touristen. Direkt unter der Brücke befindet sich eine kleine Mall, in der wir eine Toilette suchen. Einer der von uns befragten Angestellten stammelt umständlich, dass er kein englisch spricht, glücklicherweise kann uns sein Kollege aushelfen. Über eine Schleife erreichen wir den Aufgang zur Brücke, die aus zwei Etagen besteht, oben gibt es vier Fahrspuren für Autos, während auf der unteren Ebene zwei mal zwei Gleise der U-Bahn laufen und dazwischen drei weitere Spuren für Kraftfahrzeuge. Die untere Ebene hat außerdem an der Nordseite einen Fahrradweg und an der Südseite einen Fußgängerweg, der links und rechts mit Gittern und Maschendrahtzaun abgesichert ist. Dadurch ist es nicht immer leicht, ungehindert zu fotografieren, im Laufe des Weges ergeben sich aber genügend gute Gelegenheiten.
Durch die südseitige Anordnung des Fußwegs haben wir einen schönen Blick zur Brooklyn Bridge und zur Südspitze von Manhattan. Aber auch die mit vielen Graffitis verzierten Wände der Hinterhöfe von Chinatown sind sehenswert. Interessant sind natürlich auch die konstruktiven Details der Brücke, die jedes Mal bebt, wenn ein Zug darüber donnert, vor ihrer aufwendigen Verstärkung in den Jahren um 1940 schwankte die Fahrbahn um mehr als zwei Meter, wenn sich zwei Züge auf ihr begegneten.
Während wir auf der Manhattan Bridge bis auf wenige andere Fußgänger fast alleine unterwegs sind, ändert sich das sofort, als wir bald darauf die Brooklyn Bridge betreten. Diese gilt als eine der großen Touristenattraktionen New Yorks und ist entsprechend stark besucht. Bei der Brooklyn Bridge verläuft ein breiter Fuß- und Radweg auf der oberen Ebene, darunter fahren die Autos auf insgesamt sechs Spuren. Unser Weg führt nun auf die Stadt zu und bietet zusammen mit den technischen Elementen dieser ältesten Hängebrücke der USA vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten für Fotos. Am Ende der Brücke ist sehr viel los, sieht so aus als ob eine Demonstration im Gange wäre, deren Inhalt wir nicht erkennen können. Wir bahnen uns den Weg durch die Menschen zur Metrostation und fahren weiter zur Wall Street, deren bekannte Börsengebäude wir natürlich auch besuchen wollen.
Der Bereich um die Wall Street ist relativ eng und auch das weltberühmte Börsengebäude ist nicht so beeindruckend, wie man das erwarten könnte. Wir holen uns bei Starbucks unseren täglichen Kaffee und setzen uns auf die Stufen der Federal Hall, die das erste Kongressgebäude der USA war und in der George Washington seinen Amtseid als erster Präsident der Vereinigten Staaten geleistet hatte. Daher steht hier auch eine Bronzestatue von George Washington, vor der viele Touristen für ein Foto mit dem Präsidenten posieren. Wir besuchen noch die nahe der Börse gelegene Trinity Church, in der sicher so mancher Börsenmakler für ein günstiges Schicksal gebetet hat, und fahren dann zurück zu unserem Hotel. Dort setzen wir uns nach oben auf die Dachterrasse, wo gerade für den Abend eine Bierprobe vorbereitet wird. Obwohl die Bar eigentlich noch geschlossen ist bekommen wir freundlich Getränke serviert, die uns nachher nicht einmal in Rechnung gestellt werden. Wir schreiben ein paar Karten und beschließen dann, zum Abendessen ins Lillie’s in der 49th St zu gehen. Das Restaurant ist im viktorianischen Stil eingerichtet mit vielen Statuen und Bildern an der Wand, einer langen Bar und sehr weichen roten Stühlen an den kleinen Tischen. Das Essen ist sehr lecker und insgesamt herrscht eine entspannte und fröhliche Atmosphäre.
Nach dem Essen schlendern wir noch einige Zeit über Times Square und Rockefeller Center, vertilgen am Brunnen gegenüber der Radio Music Hall riesige Portionen Eis und fallen danach von den langen Wanderungen völlig erschöpft ins Bett.
Sonntag 30.8.2015
Heute ist unser letzter Tag in New York, den wir dazu nutzen wollen, auch ein wenig Harlem Luft zu schnuppern. Wie gestern fahren auch heute am Sonntag die U-Bahnen mit eingeschränktem Dienst, so dass wir schon recht lange warten müssen, bis wir endlich einen Zug zur 125th St erwischen.
Dort angekommen sind wir erst einmal ziemlich ernüchtert. Die Straßen sind wie in ganz Manhattan im rechtwinkligen Raster angeordnet und sind anscheinend überall gleich breit, was hier mit den nur zweistöckigen Gebäuden ziemlich öde wirkt. Da wir jetzt doch nicht so gut vorbereitet sind, dass wir hier etwas Sehenswertes besichtigen könnten, besuchen wir nur kurz den Hochbahnhof der Eisenbahn und fahren dann sehr bald wieder zurück bis zur Grand Central Station.
Das Grand Central Terminal ist mit seinen 67 Bahnsteiggleisen der größte Bahnhof der Welt, der ganz besonders mit seiner gigantischen Empfangshalle des Hauptgebäudes beeindruckt. Wir besichtigen diese Halle, hier gibt es sogar einen riesigen Apple Store, und gehen dann entlang der 42nd St in Richtung zum East River. Wir passieren das Chrysler Building und erreichen bald das Hauptquartier der Vereinten Nationen, das direkt am Ufer des Flusses liegt. Es ist Sonntag und es ist Sommerzeit, so dass hier heute keine Versammlungen stattfinden, erst einige Tage später sollten hier die Mächtigen der ganzen Welt wieder zusammentreffen.
Am Nachmittag spielen wir ganz in der Nähe unseres Hotels, am One Worldwide Plaza, eine Runde Kniffel. Der Platz zwischen Büro- und Wohngebäuden ist mit vielen Bäumen und Brunnen nett gestaltet und bietet viele Tische und Stühle zur freien Benutzung. Gleich gegenüber liegt die bekannte und beliebte Pizzeria Don Antonio, die von zwei Italienern aus Neapel betrieben wird. Dort essen wir zum Abschluss unseres New York Besuchs wunderbar leckere Pizzas und machen danach einen Spaziergang über den Columbus Circle zum Central Park, wo wir auf dem Umpire Rock bis zum Sonnenuntergang die Aussicht auf die angrenzenden Hochhäuser genießen. In der Dunkelheit queren wir den Central Park bis zur Fifth Avenue und folgen dieser noblen Einkaufstraße ein Stück nach Süden. Die exklusiven Boutiquen übertreffen sich gegenseitig mit kreativer Schaufenstergestaltung, die teilweise auch provozierend wirken kann. Gut dazu passt das MoMA, das Museum of Modern Art, an dem wir ohne es zu bemerken vorbei gehen, da wir auf der anderen Straßenseite schon die hell erleuchtete weiße Kathedrale St. Patrick's im Auge haben.
Gerade als wir die Kirche betreten wollen, werden die Türen des Hauptportals geschlossen, doch wir kommen durch einen geöffneten Seiteneingang ins Innere. Die Kathedrale ist riesig, auch innen ganz in weißem Marmor gehalten macht sie einen sehr erhabenen Eindruck. Wir sehen Automaten, an denen man Gedenkmünzen zum Besuch von Papst Franziskus kaufen kann und wundern uns, da wir von keiner USA Reise des Papstes in den letzten Monaten gehört hatten. Später stellen wir fest, dass der Besuch erst für den 24. September im Rahmen seiner Amerikareise geplant ist und finden es ein bisschen mutig, die Gedenkmünze schon vorher herauszugeben.
Montag 31.8.2015
Nach einem letzten Frühstück bei Applebee’s und sehr schnellem Auschecken am Automaten im Hotel marschieren wir mit unserem Gepäck wieder zum Busbahnhof in der 42nd Street. Inzwischen sind wir viel besser an den Betrieb auf den Gehwegen gewöhnt, als das bei unserer Ankunft vor ein paar Tagen der Fall war. Wir finden schnell den richtigen Bussteig und müssen noch eine ganze Zeit lang warten, bis wir mit nicht sehr vielen anderen Fahrgästen zusammen einsteigen können. Wir fahren durch Manhattan nach Norden, am Central Park vorbei und verlassen New York durch die Bronx. Weiter geht die Fahrt überwiegend in Küstennähe bis wir nach etwa vier Stunden Boston erreichen. Dort kommen wir an der South Station an und müssen erst ziemlich lange Wege gehen bis wir am nicht leicht zu findenden U-Bahnhof sind. Dort wird uns sehr freundlich geholfen, eine Fahrkarte zu kaufen. In Boston reicht eine Karte für uns beide, es wird jedes Mal der entsprechende Betrag abgebucht, wenn einer von uns durch das Drehgitter geht. Schon an der nächsten Station müssen wir umsteigen und gehen zur Anschlusslinie. Die Bostoner U-Bahn gleicht eher einer altmodischen Straßenbahn, die Bahnsteige sind fast auf Schienenhöhe und im Bahnhof kann man die Gleise direkt zu Fuß überqueren, das wäre bei den schnell fahrenden Bahnen in anderen Städten unvorstellbar.
Es kommen mehrere Bahnen, die aber alle in eine andere Richtung fahren. Als endlich unsere Bahn kommt, ist sie schon voll, gleichzeitig wollen jetzt aber auch wegen der langen Wartezeit viele Menschen in den Zug mit nur zwei Wägelchen einsteigen. Obwohl es fast aussichtslos wirkt, quetschen wir uns mit unseren großen Taschen noch mit hinein, wir wollen ja nur zwei Stationen weiterfahren. Die Hoffnung, dass an der ersten Station viele Menschen aussteigen, erfüllt sich nicht und wir haben ein bisschen Sorge, ob wir denn am Haymarket auch wieder aus dem Bähnle rauskommen. Mit leichter Gewalt gelingt uns dies und wir stehen erleichtert auf dem Bahnsteig. Als weiteres Zeichen tiefster Provinz, in die wir geraten sind, steht auf dem Bahnsteig ein großer elektrischer Ventilator, der hier wohl zur Kühlung der stickigen Luft dienen soll. Schnell finden wir den Weg in die Merrimac Street und zu unserem Hotel The Boxer, wo wir sehr freundlich empfangen werden. Das Zimmer ist zwar größer als das im citizenM, es ist aber bei weitem nicht so funktionell gestaltet. Wirkt aber insgesamt sehr gemütlich und stilvoll. Auf dem Weg in die Stadt kommen wir an vielen großen Gebäuden im Brutalo-Beton Stil der 1970er Jahre vorbei, sieht für uns teilweise ein bisschen wie DDR aus.
Viel besser wird es im historischen Kern von Boston, wo sich die Faneuil Hall und der Quincy Market befinden, beides Gebäude aus dem 18. Und 19. Jahrhundert, in denen heute viele Geschäfte und Restaurants für eine sehr angenehme Stimmung sorgen. Vor und zwischen den Hallen zeigen fast ständig junge Künstler ihr Können und ziehen die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich. Im Quincy Market gehen wir in die Cheers Bar und probieren dort zum ersten Mal die Bostoner Spezialität Boston Chowder, eine sehr, sehr leckere Muschelsuppe, die hier in einem ausgehöhlten Brötchen serviert wird, wir sind begeistert. Von hier ist es nicht mehr weit bis zum Hafen, in dem viele schöne Boote zu sehen sind. Wir sitzen bis zur Dunkelheit auf der Pier, beobachten dabei einen Fotografen, der ein Brautpaar gekonnt vor dieser Kulisse in Szene setzt, und gehen zurück zum North Market. Dort entdecken wir ein Geschäft von Ghirardelli, der Schokoladenmarke, die wir bei unserer letzten USA Reise 2001 in San Francisco kennengelernt haben. Dort bekommen wir super großes und leckeres Eis, das wir uns am Marktplatz schmecken lassen. Der Heimweg führt über das sehr eindrucksvolle Holocaust Memorial im Union Street Park. Das Denkmal besteht aus sechs gläsernen Türmen, die gespenstisch von unten beleuchtet sind.
Dort wo der Fußweg durch die Türme führt, sind im Boden Roste eingelassen, durch die ständig ein leichter Nebel aufsteigt, der unmittelbar Gedanken an die Gaskammern der Konzentrationslager aufkommen lässt. In den Glaspaneelen sind sowohl die Nummern der Lagerinsassen eingraviert, wie auch einzelne Geschichten und Zitate aus der Überlieferung von Überlebenden. Sehr betroffen gehen wir zurück in unser Hotel, wo wir wegen der recht lauten Klimaanlage heute nicht besonders gut schlafen.
Dienstag 1.9.2015
Im Hotel gibt es ein recht gutes Frühstück. Danach machen wir uns auf den Weg zum Bostoner Freedom Trail, der als etwa vier Kilometer lange Wanderung alle wichtigen Sehenswürdigkeiten der Stadt miteinander verbindet. Auf dem Weg dorthin kommen wir zuerst wieder an riesigen Betonklötzen vorbei bis wir nach der Cambridge Street in die winkligen und engen Gassen der Altstadt eintauchen, die überwiegend von netten Backsteinbauten und vielen Bäumen gesäumt sind. Gleich darauf kommen wir zum Boston Common, dem ersten öffentlichen Stadtpark der Welt. Hier stoßen wir auf die rote Spur des Freedom Trails, die sich meist als zwanzig Zentimeter breiter Backsteinstreifen durch die ganze Stadt zieht. Direkt an den Boston Common angrenzend befindet sich das Massachusetts State House mit seiner großen goldenen Kuppel, dem Regierungssitz des Commonwealth of Massachusetts.
Wir durchqueren den Park, folgen der Markierung kreuz und quer durch die engen Straßen mit ihren historischen Gebäuden und kommen nach einiger Zeit zum Old State House, das umrahmt und fast erdrückt wird von den riesigen Bauwerken der neueren, monströsen Bostoner Architektur. Das Old State House war bis 1776 der Sitz der Kolonialregierung und beherbergte nach der Unabhängigkeitserklärung die Regierung des Bundesstaates Massachusetts. Obwohl Boston eine führende Rolle bei der Unabhängigkeitsbewegung der Vereinigten Staaten gespielt hat und bei der Wanderung viele der historischen Stätten berührt werden, wirkt das Ganze auf uns etwas erzwungen und nicht rund. Zu viele moderne Gebäude und breite Straßen verhindern, dass ein als stimmig empfundenes Gesamtbild entstehen kann. Wir setzen unseren Weg fort und kommen schließlich zum Bunker Hill Monument, einem 64 Meter hohen Obelisken, der an die Schlacht von Bunker Hill erinnert. Ich besteige den Turm, von dem ich mir eine schöne Sicht auf Boston und Umgebung erwarte, es ist aber durch die schmutzigen Glasscheiben nicht viel zu sehen. Jetzt wollen wir am Hafen noch gerne das Kriegsschiff USS Constitution besichtigen, das 1797 gebaut wurde und noch heute bei der US Navy im Dienst steht. Allerdings ist die Fregatte zur Zeit im Trockendock und vollständig eingerüstet, so dass wir kaum einen Blick darauf werfen können, nur die Kanonen des Schiffs stehen an Land.
Dafür liegt gegenüber am Kai der ausgemusterte Zerstörer USS Cassin Young, der als Ersatzprogramm besichtigt werden kann. Vorher gehen wir noch ins Visitor Center der USS Constitution, das nur durch Sicherheitskontrollen wie am Flughafen betreten werden kann. Drinnen gibt es dann ein paar Displays und Faltblättchen und wir wundern uns, warum dafür so ein Aufwand betrieben wird. Wir machen einen kurzen Rundgang über die USS Cassin Young, aber moderne Kriegsschiffe sind eben nicht so sehr unsere Welt. Um uns den weiten Weg zurück in die Stadt zu sparen nehmen wir lieber ein Wassertaxi, das uns nach kurzer Fahrt zur Long Wharf in der Nähe des Faneuil Markets zurück bringt. Weil das gestern so sehr lecker war, gehen wir noch einmal in die Quincy Market Hall für einen Boston Chowder, bevor wir zurück in unser Hotel marschieren. Am frühen Abend genießen wir bei einer weiteren Runde durch Boston den warmen Spätsommer, stellen noch einmal sicher, dass wir morgen die richtige U-Bahn finden und schließen mit einem letzten leckeren Eis von Ghirardelli unseren kurzen Besuch in Boston ab.